Sei ein Teil der Weltveränderung
Warum es den einen roten Knopf nicht gibt, der die Welt wieder heil machen würde, wir aber trotzdem nicht ohnmächtig sind. Missio-Nationaldirektor Pater Karl Wallner erzählt, was uns Pauline Jaricot lehrt, und wie wir selbst Teil des Guten werden können.
Das Missio-Jubiläum als Anlass für eine Ausnahme: Wo sonst Menschen aus dem Globalen Süden zu Wort kommen, erklärt diesmal Pater Karl Wallner, warum Weltmission keine Einbahnstraße ist und es Missio auch in 100 Jahren noch braucht.
Krieg und Flucht bereiten aktuell große Sorgen. Kann uns Pauline Jaricot Erbauliches mitgeben?
Für uns mag ihre Wirkenszeit, die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, weit weg sein. Für Europa und die Kirche war dies infolge von Napoleon eine Zeit des Zerstörtseins und der Aussichtslosigkeit. Pauline war als Tochter eines reichen Seidenfabrikanten direkt mit sozialen Umbrüchen und Ausbeutung konfrontiert. Genau in dieser dunklen Zeit hat diese junge Frau mit ihrer Fähigkeit zur Organisation, mit unglaublicher Empathie und Liebe zum Konkreten die Welt verändert. Sie hat das gemacht, was uns bis heute inspiriert und Hoffnung gibt: nämlich an Ort und Stelle das Beste zu tun, aktiv hin zum Positiven und nicht passiv angesichts all des Negativen.
Was heißt das umgelegt auf Missio?
Der Mensch ist durch die Erbsünde nicht zerstört, sondern in ihm glänzt das Gold des Guten und dessen, was der Schöpfer in uns hineingelegt hat. Wir haben eine Sensibilität gegenüber Bösem und Ungerechtem. Nur haben wir verlernt, damit gut umzugehen. So richtig es ist, etwa wegen des Klimawandels, auf die Straße zu gehen, so bleibt es doch oft nur ein passiver Appell an die anderen, etwas zu machen. Und dann geschieht nichts, denn es gibt nicht den einen roten Knopf zur Weltveränderung. Das führt zu Frustration, ja Aggression. Doch jede und jeder kann etwas tun. Bei uns ist das nicht nur die Spende, sondern das Gebet, in klarer Nachfolge zu Pauline Jaricot. Wir verbinden die Menschen miteinander, etwa durch ganz konkrete Priesterpatenschaften oder indem wir genau informieren, wie wir helfen. Geld sammelnde Hilfsorganisationen gibt es viele, aber mit uns kannst du im Kleinen die Welt verändern. Nicht umsonst sagte Mutter Teresa: Rette eine Seele und du rettest die ganze Welt. Weltmission ist keine Einbahnstraße, sondern das Medikament gegen die Lethargie des Negativen unserer Zeit.
Negativ waren zuletzt auch viele Schlagzeilen zur Kirche. Was kann Missio dem entgegensetzen?
Es gibt Böses in der Kirche und das seit 2.000 Jahren: Schon die Apostel haben gestritten, gesündigt und am Schluss Jesus verlassen und einer hat ihn aus purer Gier gar verraten. Jesus selbst sagte, er ist gekommen, nicht um die Gerechten, sondern die Sünder zu rufen. Wir sind nicht die Heiligen als die uns die Öffentlichkeit gern hinstellt, sondern die einzige Organisation, die jede Versammlung mit einem Schuldbekenntnis beginnt. Das Gute wird hingegen gern ausgeblendet: kirchliche Spitäler, Ordensfrauen im Totaleinsatz, Priester, die beim Abendessen, wie ich es selbst in Tansania miterlebt habe, vor Erschöpfung einnicken. Wir haben in der Kirche ein unglaubliches Potenzial von Selbstlosigkeit und Hingabe. Ich ernte immer Staunen, wenn ich sage, dass wir weltweit 414.000 Priester haben, 130.000 Priesterstudenten, 680.000 Ordensfrauen und jedes Jahr um 16 Millionen Gläubige wachsen. Wir fördern genau diese Menschen in ihrer selbstlosen Hingabe. Daher freut mich besonders die allewelt, die diesen positiven Geist nach außen trägt und noch viel mehr Leserinnen und Leser verdient.
Warum wird es Missio auch in 100 Jahren noch geben?
Für eine Hilfsorganisation ist es an sich immer eine Niederlage, weiter zu existieren. Auf uns trifft das jedoch nur bedingt zu, weil die Kirche in sich eine Dynamik der Liebe hat, die aber immer auf Widerstand stößt. Warum wurde Jesus, der nur Kranke geheilt, Tote auferweckt und die Frohbotschaft verbreitet hat, hingerichtet? Warum werden Christinnen und Christen bis heute bedrängt und verfolgt? Es wird Missio also noch geben, weil das Leid angesichts der Erbsünde nicht endet, wir ihm aber etwas entgegensetzen.
Wir begehen unser Jubiläum mit einem Reigen an Veranstaltungen. Was ist das Highlight?
So vieles, etwa dass wir in jeder Diözese gemeinsam mit dem Bischof und den Diözesandirektoren eine Dankmesse feiern. Die Nationaldirektion mag zwar in Wien sein, aber Missio ist überall. Und dann berührt mich, dass zu unserer Schlussgala am 3. November unser Kardinalpräfekt Luis Antonio Tagle kommen wird. Das ist eine große Ehre, denn wir sind ja nur eine von 130 Nationaldirektionen auf der Welt. All das soll kein Schulterklopfen sein, wie toll wir sind, sondern ein Dank an Gott dafür, wie viel gelungen ist. Wir sind keine Organisation, die Bettelbriefe verschickt, sondern das Angebot an Gläubige, Teil der Weltveränderung durch Abertausende Menschen zu sein, die Tag für Tag Gutes tun. ●